Einem Kind wurde ein Schmerzensgeldanspruch i. H. von 250.000 Euro zugesprochen, nachdem es nach einer – aufgrund ärztlicher Behandlungsfehler – verspätet durchgeführten Sectio mit einem Geburtsschaden in Form eines schwerem hypoxischem Hirnschäden geboren wurde und deswegen dauerhaft unter schweren Entwicklungsstörungen zu leiden hat. Es liegt ein Fall des Geburtsschadens vor.

Der heute neun Jahre alte Kläger wurde im Oktober 2007 im beklagten Krankenhaus unter geburtshilflicher Betreuung zweier mitverklagter Ärzte geboren. Nach einem mehrstündigen Aufenthalt im Kreißsaal, in dem die Kindesmutter und das ungeborene Kind u. a. zeitweise durch eine Cardiotocographie (CTG) überwacht wurden, entschlossen sich die Ärzte zu einer Sectio. Der Kläger wurde mit einer Nabelschnurumschlingung entbunden und zeigte in seiner weiteren Entwicklung einen schweren Geburtsschaden. Er leidet heute an einer allgemeinen Entwicklungsstörung, die seinen Intellekt, seine Sprache und seine motorischen Fähigkeiten dauerhaft einschränkt, außerdem an einer Epilepsie. Vertreten durch seine Eltern nimmt der Kläger die Beklagten wegen des Geburtsschadens auf Schadensersatz in Anspruch, insbesondere auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das LG Paderborn hatte in ersten Instanz dem Kläger ein Schmerzensgeld i. H. von 175.000 Euro zugesprochen.

Entscheidung des OLG

Der 26. Zivilsenat des OLG Hamm hat das Schmerzensgeld auf 250.000 Euro festgesetzt. Nach Auffassung des OLG sind den beklagten Ärzten bei der geburtshilflichen Betreuung der Mutter des Klägers mehrere Behandlungsfehler unterlaufen. Sie hätten es behandlungsfehlerhaft unterlassen, das Geburtsgeschehen mittels einer Dauer-CTG zu überwachen. Bereits das erste CTG sei als pathologisch zu bewerten gewesen und habe für eine Sectio gesprochen. Ab dem zweiten pathologischen CTG hätten die Ärzte für eine ständige ärztliche Präsenz mit einer halbstündigen Kontrolle Sorge tragen müssen. Dann wäre die Indikation für die Sectio früher gestellt worden. Zudem sei die dann später vorgenommene Sectio nicht als Not-Sectio ausgeführt worden, was wegen der bereits vorliegenden pathologischen CTG-Befunde aber geboten gewesen sei. Die Behandlungsfehler seien als grob zu bewerten, so dass die Beklagten in vollem Umfang für den Geburtsschaden zu haften hätten. Dem Kläger komme insoweit eine Beweislastumkehr zugute.

Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes seien insbesondere die gravierenden gesundheitlichen Nachteile zu berücksichtigen, die der Kläger erlitten habe. Der Kläger werde dauerhaft unter dem Geburtsschaden leiden und in seiner Entwicklung allenfalls die Stufe eines sieben- bis achtjährigen Kindes erreichen, nie allein leben können und später voraussichtlich auch feststellen, dass er gegenüber anderen Menschen ein geistiges Defizit habe, was nach Einschätzung des Sachverständigen zu einem besonderen Leidensdruck führe.

Matthias Kümpel
Rechtsanwalt